ÖPP Problematik

Was ist ÖPP

Definition

Die Abkürzung "ÖPP" steht für "Öffentlich-Private-Partnerschaft". Im anglo-amerikanischen Sprachraum  lautet die Abkürzung "PPP" für "Public-Private-Partnership". Beide Begriffe stehen für den gleichen Sachverhalt und werden synonym verwendet.

 

ÖPP bedeutet, dass die öffentliche Hand (Bund, Länder oder Kommunen) eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge (wie z. B. Straßen, Wasserversorgung oder den Bau und Betrieb eines Bades) gemeinsam mit einem privaten Unternehmen bzw. privaten Investor realisiert.

 

Ausprägungen von ÖPP-Projekten

Die Ausprägungen von ÖPP-Projekten sind  vielfältig. Die privaten Investoren  lassen von hochspezialisierten und teuren Kanzleien ÖPP-Verträge ausarbeiten. Die Möglichkeiten zur Ausgestaltung dieser  komplizierten Verträge sind  nahezu  unbegrenzt. Ausgefuchste Juristen verwenden ihr Spezialwissen und ihre Kreativität darauf, möglichst viel unternehmerisches Risiko auf die öffentliche Hand überzuwälzen. Selbst „normale“ Juristen unter den Kontrollorganen  der öffentlichen Hand  (Kommunal-, Landes- und  Bundesparlamente) sind mit der Analyse dieser absichtlich kompliziert formulierten Vertragswerke überfordert.  In der Fachliteratur wird trotzdem versucht, die vielfältigen Ausprägungen  von ÖPP-Projekten bestimmten Modellen zuzuordnen. Es gibt Betreiber- , Konzessions- , Eigentümer- , Miet-   und viele ander Modelle. All diesen Varianten von ÖPP ist gemeinsam, dass das unternehmerische Risiko weitgehend auf die öffentliche Hand übergewälzt wird. Das betrifft insbesondere das Finanzierungsrisiko, da die öffentliche Hand Bürgschaften oder ähnliche Verpflichtungen übernehmen muss.

 

 

Fachbegriffe zu ÖPP

 

Leistungsentgelt: Ist die jährliche Rate, die die Kommune während des gesamten Lebenszyklus des Objekts (meist 30 Jahre lang) an den Investor oder (bei Forfaitierung) an die Bank zu zahlen hat. Es wird zwischen der Kommune, der Bank und dem Investor vereinbart.

                            

Forfaitierung: Ist die bei ÖPP-Projekten üblicherweise verwendete Art der Finanzierung.  (Wird  unter „ Kritik an ÖPP-Projekten“ bei „Kritik an der Finanzierung von ÖPP-Projekten durch Forfaitierung“ näher erläutert.)

 

Forfaitierung mit Einredeverzicht: Forfaitierung, bei der die öffentliche Hand auf ihr Recht der Einrede verzichtet. Die Erfüllung der Forderungen der Bank erfolgt unabhängig davon, ob der Investor die vertraglich geschuldete Leistung an die öffentl. Hand erbringt.

 

Forfaitierung ohne Einredeverzicht: die öffentl. Hand behält sich das Recht der Einrede vor.

 

Öffentliche Hand:  Bund, Länder oder Kommunen

 

Selbstschuldnerische Bürgschaft: hier kann der Bürge unmittelbar durch den Kreditgeber in Haftung genommen werden, wenn der Schuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllt, d. h. ohne dass der Kreditgeber vorher versuchen muss, die ausstehende Schuld gerichtlich beim Kreditnehmer einzutreiben.

 

Ausfallbürgschaft:  Bürger haftet erst, nachdem die Schuld nicht gerichtlich eingetrieben werden konnte.

Kritik an ÖPP Projekten

Allgemeine Kritik

 

Eigentlich handelt es sich  um gar keine echte Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und dem privaten Investor, sondern nur um eine Zusammenarbeit. Echte Partner verfolgen nämlich einen gemeinsamen Zweck. Bei ÖPP verfolgt aber die öffentliche Hand den Zweck der öffentlichen Daseinsvorsorge und der private Investor verfolgt den Zweck, Gewinn zu erzielen.

 

Jeder private Investor will für sich Gewinne generieren und nicht nur den Abmangel verwalten. Das bedeutet für die Kommune überhöhte Leistungsentgelte (weil diese auch die Rendite des Investors enthalten) , weniger Gestaltungsmöglichkeiten und erhöhtes Finanzierungsrisiko durch Bürgschaften  oder Forfaitierung mit Einredeverzicht. Für die Beschäftigten bedeutet es Arbeitsplatzabbau oder schlechtere Bedingungen und für die Badegäste höhere Preise.

 

Durch ÖPP-Projekte  verschleiern insbeondere überschuldete Kommunen ihren tatsächlichen Schuldenstand.  Bei  ÖPP gehen Kommunen  mit Bürgschaften  oder  Forfaitierung schuldenähnliche Verpflichtungen ein. Der private Investor kalkuliert seine Zins- und Tilgungskosten  immer in das vereinbarte Leistungsentgelt mit ein. Dieses  Leistungsentgelt zahlen die Kommunen jährlich an den Investor  (bei Forfaitierung auf dem Umweg über die Raten an die Bank) während des gesamten Lebenszyklus des durch ÖPP finanzierten Objekts.  Die im Leistungsentgelt enthaltenen Zins- und Tilgungskosten  entsprechen den bei einem Annuitätendarlehen  zu zahlenden Raten, die die Kommune bei Fremdfinanzierung zu zahlen hätte.  Die konventionelle Finanzierung  durch eigene Kreditaufnahme käme die Kommunen  immer billiger, da hierbei kein Profit für private Investoren anfällt.

 

Die Investoren verlangen, dass die Verträge zu ÖPP-Projekten weitgehend der Geheimhaltung unterliegen.  Nicht einmal den Mitgliedern  des Bundestags, der Landtage und der Stadträte liegen die Vertragswerke vor, wenn darüber entschieden wird. Das ist mit den Grundprinzipien einer parlamentarischen Demokratie unvereinbar.

 

 

Kritik an der Finanzierung von ÖPP-Projekten durch Forfaitierung

 

Wir möchten vorausschicken, dass wir nur engagierte Bürger sind und keine Fachleute. Selbst in Veröffentlichungen der Landesrechnungshöfe ist „Forfaitierung“ nicht hinreichend erklärt. Wir wollen  trotzdem zeitnah aufklären und überzeugen , um ökologische und  finanzielle Schäden von unserer Heimatstadt abzuwenden. Nur desha lb wagen wir uns an eine Beschreibung der „Forfaitierung“ heran. Sehen Sie es uns bitte nach, falls sich in den folgenden Text Ungenauigkeiten eingeschlichen haben sollten. Für  konstruktive Verbesserungsvorschläge sind wir dankbar. Wir freuen uns  über jeden, der uns mit Herz, Verstand und Tatkraft unterstützt. Nun denn:       

 

Der private Investor nimmt in der Regel kein eigenes Geld in die Hand.  Er minimiert sein unternehmerisches Risiko, indem er für das ÖPP-Projekt eine Projektgesellschaft gründet in Form einer GmbH (und Co KG). Die Projektgesellschaft finanziert den Bau und den Betrieb des ÖPP-Projekts mit Geldern, die sie von einer Bank erhält. Eigentlich sollte man meinen, dass die Projektgesellschaft hierdurch gegenüber der Bank zum Kreditnehmer/Schuldner würde und die Kommune für die Projektgesellschaft (eine GmbH!) selbstschuldnerisch bürgt. Tatsächlich werden manche ÖPP-Projekte auch so finanziert. Meistens erfolgt die Finanzierung jedoch durch  Forfaitierung  (von französisch "vendre à forfait": „im Paket verkaufen“) mit Einredeverzicht (seitens der Kommune).  Die Projektgesellschaft des privaten Investors (ÖPP-Investor) verkauft dabei Forderungen gegenüber einer Kommune für (zukünftige) Vergütungen  ( das "Leistungsentgelt" für den Bau z. B. eines Bades und dessen Betrieb) an eine Bank. Die Kommune stimmt dem Verkauf dieser Forderungen zu und wird dadurch gegenüber der Bank quasi zum Kreditnehmer/Schuldner  für die Geldmittel, die der (wenig kreditwürdigen) Projektgesellschaft (GmbH) zufließen. Außerdem verzichtet  die Kommune auf ihr Recht der "Einrede". Sie verpflichtet sich also, die Forderungen der Bank in Raten (meist 30 Jahre lang) zu erfüllen, auch wenn die Projektgesellschaft ihre Leistungen  für die Kommune (Bau und Betrieb des Bades) mangelhaft erbringt oder einstellt. Dieser Fall kann (wenn z. B. die Projektgesellschaft Konkurs anmeldet) während des gesamten 30-jährigen Lebenszyklus des Objekts jederzeit eintreten.

 

Auch bei "Forfaitierung ohne Einredeverzicht" hat im Insolvenzfall der Projektgesellschaft die Kommune das Nachsehen, da die Gesellschafter (Investor) der Projektgesellschaft (GmbH) nur mit dem gesetzlichen Mindest-Stammkapital haften (25 000 Euro!) und die Projektgesellschaft selber mit so gut wie keinem eigenen Kapital ausgestattet ist.

 

Man könnte die Kommune auch mit jemand vergleichen, der ein Auto inklusive aller Betriebskosten (Reparaturen, Benzin, Versicherung etc.) für die gesamte geschätzte Lebenszeit des Autos  least und sich zur Weiterzahlung der hohen Leasingraten verpflichtet, auch wenn er schon nach kurzer Zeit selber für die Betriebskosten aufkommen muss.

 

Oft wird den Kommunen von ÖPP-Investoren bei Präsentationen vorgekaukelt, das "Leistungsentgelt" sei nur eine Entschädigung oder "Zuschuss" für den normalen Abmangel, der z. B. bei Bädern ohnehin jährlich anfällt. Aber diese Argumentation ist falsch. Was die Stadt bei konventioneller Finanzierung jährlich ohnehin "zuschießen"  muss, das ist die jährlich schwankende Differenz zwischen den Betriebskosten und den Einnahmen, genannt Abmangel. Der angebliche "Zuschuss" an den ÖPP-Investor ist nicht mit dem Abmangel identisch. Was da beschönigend "Zuschuss"  für "Abmangel" genannt wird, bezeichnen die Landesrechnungshöfe als "Leistungsentgelt".   

Dieses "Leistungsentgelt" sind die vertaglich fix vereinbarten Raten, die die Kommune jährlich - meist 30 Jahre lang - an die Bank zahlen muss. Diese Raten beinhalten in allen Fällen der ÖPP-Finanzierung sämtliche Kosten des ÖPP-Projekts wie Instandhaltung, Wartung, Kosten des laufenden Betriebs, Zinsen, Tilgung und einen satten Gewinn des Investors, abzüglich der Einnahmen (z. B. Eintrittsgelder oder Pachteinnahmen von Ladengeschäften oder Gastronomiebetrieben). Die Baukosten sind nicht als Bestanteil des Leistungsentgelts aufgeführt, weil sie in den genannten Zinsen und der Tilgung für den Kredit stecken.

 

Viele der Bestandteile des Leistungsgelts/Raten beruhen auf Schätzungen (für 30Jahre!), was ÖPP-Projekte zusätzlich hoch riskant macht. Genau deshalb gründet ja auch der Investor eine Tochtergesellschaft mit der Rechtsform GmBH und investiert so gut wie kein eigenes Kapital.

 

Außer dem "Leistungsentgelt" fallen zusätzlich für die Kommunen weitere hohe Kosten an, z. B. für externe Beratung und die Kontrollierung der Betreibergesellschaft des Investors. Auch verlangen die Investoren oft eine Anschubfinanzierung.

 

Bei der Forfaitierung stellt sich die Kommune von der Finanzierungsseite her ähnlich schlecht, als hätte sie eine selbstschuldnerische Bürgschaft für einen Kredit der Projektgesellschaft  übernommen, die ihrerseits so gut wie kein eigenes Kapital einbringt. In beiden Fällen trägt die Kommune  fast das ganze Finanzierungsrisiko. Sowohl der Investor als auch die Bank können risikolos Gewinne realisieren.

Beispiele von ÖPP-Pleiten

Regierungspräsidium stoppt geplantes ÖPP-Bad in Rheinfelden - Badische Zeitung 20.09.2017 - die Stadt muss ansparen wie in Privater auch

http://www.badische-zeitung.de/lokales/loerrach-und-dreiland/die-stadt-muss-ansparen-wie-ein-privater-auch--2267591.html

 

 

https://www.gemeingut.org/wp-content/uploads/2012/06/Text_Werner_Ruegemer_Katerfr%23U00fchst%23U00fcck.pdf

( PPP-Leuchttum-Projekte – eine Spur des Scheiterns)

 

https://www.steuerzahler-niedersachsen-bremen.de/Millionengrab-Misburger-Bad/70238c81166i1p245/index.html

(Millionengrab Misburger Bad)

 

 http://www.schwarzbuch.de/aufgedeckt/fall-details/news/verschwenderische-baedertraeume/?cHash=71d1eb07c3ac8284666277dc1983067c&L=0

 

(Bund der Steuerzahler - Verschwenderische Bäderträume - Werder rechnet mit 10 Millionen Euro Mehrkosten für seine Therme)

 

https://www.gemeingut.org/    

 

(Gemeingut in BürgerInnenhand  - A7 ÖPP – Fass ohne Boden)

Beiträge und Reden zu ÖPP

https://www.oberhessen-live.de/2017/03/08/privatisierung/ 

(Professor Dr. Tim Engartner zeigte schonungslos die Schwächen der Privatisierung für den Sozialstaat auf „Das Kapital schreckt vor dem Galgen nicht zurück“)

 

http://www.sabine-leidig.de/index.php/5-beitrag/im-bundestag/304-rede03  

(Kostensteigerung, fehlende Transparenz und Kontrolle bei Großprojekten: das Versagen hat System.

Rede von Sabine Leidig, 09.03.2016)

 

https://volksbetrugpunktnet.wordpress.com/tag/steuergeldverschwendung/ 

(Volksbetrug.net: Schlagwort-Archive: Steuergeldverschwendung)

 

https://lobbypedia.de/wiki/Public_Private_Partnership  

 

(Public Private Partnership – Beschreibung und Praxisbeispiele)

 

Analysen und Stellungsnahmen

http://rechnungshof.sachsen.de/files/Gemeinsamer_Erfahrungsbericht_zur_Wirtschaftlichkeit_von_OEPP.pdf

(Gemeinsamer Erfahrungsbericht (der Landesrechnungshöfe) zur Wirtschaftlichkeit von ÖPP-Projekten)

 

http://library.fes.de/pdf-files/wiso/08716.pdf 

(Expertise der Friedrich-Ebert-Stiftung zu ÖPP)